Orsatscher Apparat [1]

[778] Orsatscher Apparat [1] zur Untersuchung von Rauchgasen und der Verbrennungsprodukte von Motoren, Grubenluft u.s.w., besteht im wesentlichen aus zwei Teilen, von welchen der eine zum Auffangen, der andre zum Analysieren der Gase dient; vgl. Gasanalyse, Bd. 4, S. 268.

Die Ausführung eines solchen Apparats neuester Konstruktion nach Hahn von C. Heinz in Aachen zeigt Fig. 1. Dieser dient zur Bestimmung von Generator-, Misch-, Wasser-, Hochofen-, Leucht- und Koksofengas. Zur Analyse dienen 1. für die Kohlensäure Kalilauge (250 g Aetzkali auf 1 l Wasser), 2. für die schweren Kohlenwasserstoffe rauchende Schwefelsäure (spez. Gew. 1,938), 3. für den Sauerstoff Pyrogallussäure in alkalischer Lösung (1 l Kalilauge, spez. Gew. 1,166 [14%] und 50 g Pyrogallussäure), 4. für das Kohlenoxyd Kupferchlorür (250 g Ammoniumchlorid und 200 g Kupferchlorür in 750 ccm Wasser +1/3 des Volumens Ammoniakflüssigkeit vom spez. Gew. 0,910 [25prozentig] zugesetzt). Zunächst sind die die Bürette M und das Verbrennungsgefäß 5 umgebenden Mäntel sowie das Verbrennungsgefäß 5 selbst und die Niveauflasche W mit destilliertem Wasser zu füllen. Hierauf werden die Gefäße 1–4 mit der betreffenden Absorptionsflüssigkeit bis etwas über die Hälfte gefüllt, indem man die Gummistopfen entfernt, die Hähne öffnet, wobei der weiße Punkt nach oben zeigen muß, wonach man die Hähne wieder schließt.

Zur Ausführung einer Analyse ist in folgender Weise zu verfahren: Der Halter N wird in dem oben links sich befindenden Loch befestigt, die Niveauflasche hineingesetzt und die Hähne h[778] und f so gedreht, daß die Verbindung mit der Luft hergestellt ist. Mit dem Daumen und Zeigefinger der linken Hand reguliert man durch Quetschen des Schlauches, der W und M verbindet, das Steigen des Wassers in M. Ist das Wasser bis dicht unter Hahn h gestiegen, schließt man den Hahn f, senkt die Niveauflasche, quetscht den Schlauch zusammen und stellt den Hahn des Gefäßes 1 so, daß der weiße Punkt nach oben zeigt, lockert vorsichtig den Schlauch und läßt die Kalilauge in 1 bis zur Mitte der beiden Kapillarröhren aufsteigen. Hierauf wird der Hahn geschlossen. In gleicher Weise werden auch die Flüssigkeiten der andern Gefäße bis zur Mitte der beiden Kapillaren aufgesaugt. Die Bürette wird durch Heben der Niveauflasche und Oeffnen des Hahnes f bis dicht unter Hahn h gefüllt, Hahn f geschlossen und die Gummistopfen wieder luftdicht aufgesetzt. Der Apparat ist nun gebrauchsfertig, und es kann mit der Analyse begönnen werden. Nachdem man die Gasleitung an g angeschlossen hat, quetscht man den Schlauch zu, stellt den Hahn f wagerecht und läßt das Wasser in der Bürette zurücktreten. Hierauf gibt man dem Hahn f eine Vierteldrehung nach links, hebt die Flasche Wund treibt das Gas und die noch im Apparat sich befindende Luft heraus. Nun stellt man den Hahn f wieder wagerecht, der weiße Punkt, nach unten zeigend, saugt nochmals 103–105 ccm Gas an und schließt durch eine Achteldrehung nach links den Hahn f, wartet eine Minute, damit das an der Wandung haftende Wasser zusammenlaufen kann, hebt die Flasche, stellt den unteren Meniskus des Wassers auf 0 ein, öffnet den Hahn zur Entfernung des Ueberdrucks kurz durch eine weitere Achteldrehung nach links und schließt mit einer nochmaligen Achteldrehung denselben.

Zur Bestimmung der Kohlensäure wird nun das Gas nach 1 übergeführt, indem man den Hahn so stellt, daß der weiße Punkt nach unten zeigt. Während der Ueberführung setzt man Flasche W in den Halter N und läßt das Gas in kleinen Bläschen in das Gefäß eintreten. Hierauf senkt man die Flasche, dreht den Hahn um 180° und führt das Gas, indem man die Kalilauge wieder zur vorigen Höhe aufsteigen läßt, in die Bürette zurück, schließt den Hahn des Gefäßes 1, hält die Flasche so, daß das Wasser in W und M gleichhoch steht, und liest das übriggebliebene Gasvolumen ab. Der Stand des Sperrwassers gibt direkt den Prozentgehalt des untersuchten Gases an Kohlensäure. In gleicher Weise wird das Gas nach 2, 3 und 4 übergeführt. Bei 1 und 2 genügt in der Regel ein einmaliges, bei 3 und 4 ein zwei- bis dreimaliges Ueberführen des Gases. Entwickelt die rauchende Schwefelsäure Dämpfe, so müssen diese in 1 entfernt werden. Sind alle absorbierten Teile entfernt, so führt man je nach der betreffenden Gasart zu dem ganzen Gasrest oder einem Teil desselben Luft oder Sauerstoff zur Verbrennung von Wasserstoff und Methan zu. Den nicht zur Verbrennung verwendeten Gasrest bewahrt man zur Kontrolle in 3 auf. Die Einführung der Luft geschieht, indem man Hahn h so stellt, daß die Verbindung mit dem nach hinten mit Quetschhahn versehenen Stutzen hergestellt ist, öffnet den daran befindlichen Quetschhahn, läßt das nötige Quantum Luft eintreten und schließt diesen. Nun wird das Spirituslämpchen e angezündet und die Flamme so reguliert, daß die Spitze das Platinröhrchen i eben berührt. Hierauf wird durch Hahn h die Verbindung mit der Verbrennungspipette 5 hergestellt und das Gas durch das erwärmte Platinröhrchen nach Gefäß 5 über- und wieder zurückgeführt. Zweimaliges Hin- und Zurückleiten genügt. Es ist darauf zu achten, daß das Lämpchen nicht höher wie angegeben brennt, da sonst leicht Methan mit verbrannt wird. Zwei Drittel der bei dieser Verbrennung erhaltenen Kontraktion gibt den im angewendeten Gasquantum enthaltenen Wasserstoff an. Zur Verbrennung des Methan leitet man zunächst so viel Gas nach 5, daß die Palladiumspirale frei wird, bringt diese durch Einschaltung des Stromes und langsames Drehen der Kurbel P zur Rotglut, läßt das übrige Gas noch einströmen und führt dasselbe einige Male an der glühenden Spirale entlang. Die Hälfte der dabei entstandenen Kontraktion zeigt den Methangehalt an. Zur Kontrolle kann man noch die bei der Verbrennung entstandene Kohlensäure bestimmen, die dem Methangehalt entspricht. Gesetzt, a sei die Gasmenge nach der Kohlenoxydabsorption, b die angewendete Gasmenge, c die Kontraktion nach der Verbrennung des Wasserstoffs, so ist der Prozentgehalt an Wasserstoff = 2 c a : 3 b. Für Methan sei die Kontraktion einschließlich der Kohlensäureabsorption d, so findet man den Prozentgehalt an Methan zu d ∙ a : 3 ∙ b. Der Preis eines solchen Apparats beträgt mit Akkumulator 190 ℳ., ohne denselben 160 ℳ.

Ein andrer verbesserter Orsat-Apparat zur Untersuchung von Feuerungsanlagen durch Bestimmung des Kohlensäureinhalts in den Feuergasen ist der von der Firma G.A. Schultze in Berlin-Charlottenburg nach Angaben von Fuchs ausgeführte Apparat, der in Fig. 2 abgebildet ist. Auch bei diesem Apparat hat die Gasbürette a einen Inhalt von 100 ccm. Die Marke 100 ccm liegt auf der unter der Hahnhülse befindlichen Kapillare. Auf der Gasbürette sitzt oben der Dreiweghahn b. Unterhalb des Nullpunktes endet die Bürette in einem Schlauchstück. Der Gummischlauch c wird an einem Ende mit dem Schlauchstück der Bürette a, mit dem andern Ende an die mit Sperrflüssigkeit gefüllte Flasche d angeschlossen. Ueber den Absorptionsgefäßen f befindet sich ein Raum, der groß genug ist, um beim Transport oder Nichtgebrauch der Flasche d diese dort hineinzustellen. Die Absorptionsgefäße f sind zwei zylinderförmige Glaskörper von etwa 110 ccm Inhalt, die durch ein Rohr f1 leitend miteinander verbunden sind. Der untere Glaskörper ist durch Hahn g verschließbar, welcher auf der der Ansatzkante gegenüberliegenden[779] Stelle ein kurzes Stück kapillares, mit Schlauchstück versehenes Rohr trägt. Das Kapillarhahnrohr des alten Apparats kommt hier in Fortfall. Die Gasbürette a ist mit den Absorptionsgefäßen f durch das Rohr i verbunden. An i ist ein Wattefilter k angebracht, welcher mittels des Hahnes l mit der Rauchgasleitung verbunden oder abgeschlossen werden kann. Zur Absaugung der Rauchgase dient der Respirator m. Die Absorptionsgefäße f sind untereinander und mit dem Dreiweghahn b durch Gummischläuche verbunden. Die Stellungen des Hahnes b sind in Fig. 2 mit n, o, p bezeichnet. Bei der Stellung n sind die Absorptionsgefäße gegen die Bürette abgeschlossen. Bei der Stellung o findet bei gleichzeitig geschlossenen Hähnen g das Ansaugen des Gases durch den Gummirespirator m statt, während bei der Stellung p das Ueberdrücken des Gases nach Oeffnen eines der Hähne g in eines der Gefäße f erfolgen kann. Der Preis eines solchen Apparats mit Holzstativ, Messinggriff und zwei herausnehmbaren Verschlußschiebern beträgt 50 M.

Ueber die Berechnung der Wärmeverluste auf Grund der gewonnenen Resultate vgl. Feuerungsanlagen, Bd. 4, S. 17 und 18.


Literatur: [1] Chem. News 1874, Bd. 29, Nr. 751, S. 176; vgl. Annales des mines 1875, Bd. 8, Serie 7. – [2] Verbesserung am Orsatschen Apparat, Journ. f. Gasbel. u. Wasservers. 1894, S. 235. – Ueber die Ausführungsformen des Orsatschen Apparats von Schwachhöfer, F. Fischer und S. Kaselowsky s. Dingl. Polyt. Journ., Bd. 227, S. 257 und 258, bezw. Bd. 230, S. 480. Vgl. a. die Literatur unter Gasanalyse, Bd. 4, S. 269.

v. Ihering.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 778-780.
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